Kann ein Kind nur durch den Vater zweisprachig werden?

Ich wundere mich immer wieder, wie viele Worte mein Sohn auf Deutsch versteht. Zugegeben, sein Wortschatz auf Hebräisch ist deutlich größer als auf Deutsch. Zudem spricht er auf Hebräisch schon ganze Kombinationen von Worten, die man getrost als Sätze bezeichnen kann, da sie logisch aufgebaut sind,  auf etwas abzielen und Sinn machen.

Gibt es eine Vatersprache?

Trotzdem ist es erstaunlich, wie viel Deutsch ich ihm beibringen konnte, obwohl er in einem Umfeld aufwächst, in dem kein Deutsch gesprochen wird und vielleicht wichtiger: auch kein Deutsch verstanden wird. Seine Mutter hat allerdings angefangen deutsche Worte zu lernen. Sie weiß beispielsweise, was ein Schnuller oder eine Möhre ist.

Trotz aller Mühen: ich bin eben nur der Vater. Männer reden über einen Tag hinweg weniger als Frauen, sind weniger kommunikativ und haben in den ersten Lebensjahren ein weniger enges Verhältnis zu den Kindern. Mit weniger eng ist damit nicht weniger liebevoll gemeint, aber ich beobachte, dass mein Sohn sehr auf seine Mutter fixiert ist. Befinden wir uns alle drei zusammen in einem Raum, konzentriert sich mein Sohn eher auf seine Mutter.

Da ich Hebräisch spreche – zwar nicht so gut, aber gut genug, um mit der Mutter meines Sohnes Hebräisch zu sprechen – hört er in solchen Situationen Hebräisch. Aus meiner Sicht ist dies ein großes Minus für eine mögliche zukünftige Zweisprachigkeit.

Wie ist es, wenn Vater und Mutter Englisch miteinander sprachen, aber jeweils eine andere Sprache mit dem Kind?

Bei einem Freund von mir ist die Sache anders gelaufen. Er ist mit seinem israelischen Vater und seiner belgischen Mutter in Antwerpen groß geworden. Die Eltern haben Englisch untereinander gesprochen, der Vater hat kaum Flämisch gelernt. Die Mutter hat Flämisch mit den Kindern gesprochen. Mit 18 ist er nach Israel eingewandert und ist heute 30. Dieser Freund (Ilan) sagt, dass Flämisch seine Muttersprache ist. Sein Hebräisch ist zwar (fast) perfekt, aber die ganz tiefen Finessen der hebräischen Sprache sind ihm fremd. Er hat allerdings auch Abitur in Belgien gemacht.

Was erleichtert die Zweisprachigkeit?

Ich denke, es ist neben der Sprache der Mutter oder des Vaters entscheidend, welche Sprache in der Umgebung des Kindes gesprochen wird.

Sprechen Mutter und Vater die Sprache auch untereinander (so beobachte ich es zurzeit bei befreundeten Engländern, die in Israel wohnen), wird es für das Kind etwas völlig natürliches, die Sprache der Eltern zu Hause zu sprechen.

In meinem Fall:

Vater mit deutscher Muttersprache

Mutter mit anderer Muttersprache

Nicht in Deutschland wohnhaft

Kinder zweisprachig großziehen – isolierte Atmosphäre schaffen

Habe ich die Erfahrung gemacht, dass mein Sohn erst dann anfängt, sich richtig auf Deutsch zu konzentrieren, wenn er von der Mutter bzw. den Großeltern getrennt ist. Erst dann fängt er an, deutsche Worte, die ich ihm immer wieder vorsage, nachzusagen. Dies ist aus meiner Sicht, einer der wichtigsten Bedingungen. Ich glaube nicht, dass mein Sohn so viele Worte auf Deutsch zu sprechen, wenn ich immer mit der Mutter zusammen gewesen wäre.

Wohlgemerkt, wenn beide Elternteile die Fremdsprache (in meinem Fall Deutsch) sprechen, entsteht diese Atmosphäre automatisch im Elternhaus. Vermutlich auch, wenn die Mutter die Freumdsprache mit dem Kind spricht. Dieser Tipp kling vielleicht banal, ist es aber nicht. Denn Frauen neigen – natürlicherweise – dazu, das Kind stänig zu bemuttern und mit ihm zu sprechen.

Eine große Hilfe war mir am Anfang das Buch „10 kleine Zwerge“ aus dem Verlag Ars Edition. Mein Sohn leibt dieses Buch und ich hoffe, ihm den Klang von Deutsch durch das Vorlesen näher gebracht zu haben. Dies zum Klang der Sprache.